[Die Bibliothek hilft beim Überleben]

zivilschutz und überleben, sagt der naz, zivilschutz und überleben sind und gerade jetzt wieder ein thema. in meiner bücherei, damit ist die büchereizweigstelle gemeint, in der der naz halbtags arbeitet, werden und gerade jetzt wieder und von meist jugendlichen lesern und leserinnen bücher zu diesem thema, sagt der naz, überleben und zivilschutz. gerade jetzt wieder, sagt der naz, überleben und zivilschutz.warum gerade jetzt und wieder ist die jana geneigt zu hinter- und fragen, fragen, nichts als fragen.

45) warum gerade jetzt wieder bücher, fragt der naz. Gerade jetzt und wieder ist der naz geneigt zu hinter- und antworten, nichts als antworten.

46) der naz läßt in seinen büchern die sau raus, sagt werner schandor. in erster linie reflektiert der naz nicht, sondern nähert sich, huch!, nachahmend. der naz lächelt.

sensibel und selbstironisch baut der naz stück für stück seine poetischen textstrukturen, sein lakonisches netzwerk, sagt petra ganglbauer, um sprachspielerisch, unterhaltsam jegliche syntaktische wie inhaltliche erwartungshaltung zu durchqueren. der naz lächelt.

Aus: Ilse Kilic/Fritz Widhalm: Dieses Ufer ist rascher als ein Fluß! Wien, 1999. Seite 60-61

[Kurzrezension]

Üblicherweise sitzt der Erzähler am Fluß und sieht im Sprichwort die toten Indianer vorbeischwimmen, bei Ilse Kilic und Fritz Widhalm ist es umgekehrt: Das Ufer rennt dem Fluß voraus oder hintennach. Die Erzähler warten nicht, bis sich etwas abspielt, sondern machen selber das Leben interessant. Die Hauptfrage lautet, wie kann man die Biographie einer Beziehung schreiben, die erträglich geschönt und brauchbar ehrlich ist, und die zudem beiden Figuren gerecht wird? Der Begriff "Verwicklungsroman" spricht dieses Anliegen sehr konkret an und graphisch entspricht dieser Beziehung die Breze, die einerseits sehr zerbrechlich, andererseits fest verschlungen ist. Im Roman haben die Figuren Naz und Jana eine künstlerische Gebrauchsgemeinschaft aufgebaut, in der Arbeit, Freizeit, Lebenssinn, Sexualität und Zukunftsplanung einen festen Platz haben. Die Figuren erzählen recht unterhaltsam von der Kindheit, ob bürgerliches Obergeschoß oder proletarischer Karnikelstall, die Kindheit wird erst dann erträglich, wenn man sich schon zu Lebzeiten von ihr distanziert. Naz und Jana sind en passant geschlechtsreif geworden, haben sich aber in der Sexualität und anderswo die spielerische Neugierde der Kindheit bewahrt. So wird die Abendgymnastik auch nicht in Worten sondern als Comics erzählt, weil dieses Genre dem täglichen Ritual des Turnens, Kuschelns und Eincremens am ehesten entspricht. Die Lebensgeschichte der beiden ist in knappe 77 Kapitel gegossen, die jeweils eine moralische Aktion, einen abstrusen Alltagsvorgang oder eine Gebrauchsanweisung für ein höheres Programm als Aufhänger benützen. Naz und Jana schlagen sich tapfer und versuchen als mobile Uferverbauung den Fluß des Alltags zu steuern, anstatt sich von ihm ersäufen zu lassen. Naz und Jana können ihre Realität stufenlos nachjustieren, wenn dies notwendig ist, und wenn es darum geht, auf frühere Werke zu replizieren oder dem Leser einen konkreten Vorschlag zu machen, dann mutieren Naz und Jana sogar für Augenblcke zu Ilse Kilic und Fritz Widhalm. - In die fröhlichen Verwicklungen des Romans ist der Leser stets mit eingebunden, man hat als Leser das Gefühl, daß man ein gern gesehener Gast in diesem Buche ist.

Ilse Kilic / Fritz Widhalm: Dieses Ufer ist rascher als ein Fluß. Des Verwicklungsromans erster Teil. Wien: edition ch 1999. (= pas de qui 2). 105 Seiten. 140,- ATS. [10,14 EUR]

Ilse Kilic, geb. 1958, Fritz Widhalm, geb. 1956, leben in Wien.

[Helmuth Schönauer]