Tod einer Ärztin
Kommissar Hunkeler aus Basel ist in erster Linie ein neugieriger und lebenslustiger Mensch, und erst in zweiter Linie achtet er auf die ordnungsgemäße Aufklärung von Kriminalfällen.
Selbst in der Großstadt Basel hat er einen gewissen Bekanntheitsgrad und einen passablen Überblick über die wichtigsten Persönlichkeiten und ihre Unternehmungen.
Eine praktische Ärztin ist gerade erstochen aufgefunden worden. Beim Eintreffen Hunkelers glaubt man, den Fall schon gelöst zu haben, denn ein paar Drogensüchtige werden wie üblich angehalten und des Mordes verdächtigt.
Der Kommissar jedoch läßt sich das Leben der Ermordeten erzählen, die aufregende 68-er Zeit wird neu aufgerollt. Damals ging es wirklich rund in den Schweizer Städten, seit jener Zeit hat auch jeder Intellektuelle einen angemessenen Polizeiakt.
Tatsächlich führt die Spur zu einem Schriftsteller, der unnütz an der Prostata operiert worden ist und seither impotent sein Schreiber-Schicksal fristen muß. Das Motiv wäre also gegeben, denn die Ermordete ist letztlich durch ihre falsche Diagnose schuld an der Prostata-Misere.
Noch ehe die Beweiskette und damit die Handschellen geschlossen werden können, hängt sich der Schriftsteller auf. In einem ersten Reflex will Hunkeler den Leichnam abschneiden, aber dann ruft er doch die zuständigen Beamten und empfiehlt keine Eile, denn es ist alles schon gelaufen.
Hunkeler ist ein sympathischer Held, der mit der alternden Liebe, seinen nachlassenden Körpersäften und der allgemeinen Fahrigkeit zu kämpfen hat. Da er seine Klientel letztlich liebt, kann er auch deren Motive verstehen. Diese positive Aufmerksamkeit gegenüber der Umgebung breitet sich auch auf den Leser aus. Dieser legt sich bald einmal den Hunkeler-Blick zu, ohne daß er deshalb gleich in einen Kriminalfall verwickelt würde.
Aber ein aufregendes, gut beobachtetes Leben läuft ohnehin nach dem Muster von Kriminalfällen ab.
Hansjörg Schneider: Tod einer Ärztin. Roman. Zürich: Ammann 2001. 258 Seiten. 263,- ATS. 19,16. ISBN 3-250-10427-2
Hansjörg Schneider, geb. 1938 in Aarau, lebt in Basel.
[Helmuth Schönauer 26/02/01]