Verzeihen Sie, ist das hier schon die Endstation?

Irgendwo auf dieser Welt müssen Millionen Menschen sein, die nichts anderes im Sinn haben, als ein unauffälliges Leben zu führen. Für diese Kunden hat Erika Pluhar einen Roman geschrieben, der nichts anderes im Sinn hat, als unauffällig von einer Begegnung zwischen einem Mann und einer Frau zu erzählen.Am Umschlag winkt aus einer sattgrünen Buschkerbe heraus gesehen flirrend die Großstadt, der Titel schwingt elegant alltäglich ins Ohr und die Autorin ist einem großen Publikum bekannt und klapps, schon ist man mitten in der Lektüre.Normalerweise genügt es, wenn man mit einem Buch beschäftigt ist, da ein normales Buch ziemlich viel Aufmerksamkeit auf sich zieht. In Erika Pluhars Plauderroman will man aber immer noch nebenher etwas tun. Der Erzählstrom tröpfelt, und es wird Stunden dauern, bis eine Wanne voll Stoff eingelassen ist. Was kann man in der Zwischenzeit tun? Nichts. Mann und Frau fahren mit der Tram an die Endstation, fahren mit dem Taxi weiter zum Cobenzl, spazieren, essen was, benehmen sich sehr kühn, indem sie einander den Rauch ins Gesicht blasen oder gar mit vollem Mund über das Wetter reden. Jetzt sind wir aber sehr ungezogen, sagen sie dann und kauen weiter. Beide erzählen so das Leben, wie es in der ersten kostenlosen Teststunde der Psychiatrie geschieht, wo der Therapeut erkundet, welche Therapie man später wählen wird. Nichts geschieht, die Stunden vergehen im Small Talk, der bühnenmäßig unterlegt ist mit theatralischen Banalitäten. Ein altbackener Strudel wird aufgetischt, nein das war in der Erinnerung damals in Prag. So lesen Millionen von Menschen neben dem Leben, das unauffällig dahin plätschert. Das Aufregendste an diesem Roman ist das Gefühl, daß zur gleichen Zeit überall auf dem Kontinent dieser Roman gelesen wird, der die Leser in Wallung bringt, wenn sie daran denken, wie viele jetzt diesen Roman lesen. Vielleicht ist das das letzte Ziel der Literatur, - daß alle mit dem Mahlstrom des Alltags leseglatt poliert werden.

Erika Pluhar: Verzeihen Sie, ist das hier schon die Endstation? Roman. Hamburg: Hoffmann und Campe 2001.254 Seiten. 263,- ATS. € 18,95. ISBN 3-455-05956-2

Erika Pluhar, geb. 1939, lebt in Wien.

Helmuth Schönauer 11/04/01