Die Fresken der Theresienkirche in Innsbruck
Wenn die Tiroler nicht gerade einen Weltkrieg haben, in dem sie kämpfen können, kämpfen sie gegegen die Kunst, könnte man etwas überspitzt sagen. Und tatsächlich hat es nach dem Ersten Weltkrieg gegen die Fresken des Albin Egger-Lienz und nach dem Zweiten Weltkrieg gegen jene Max Weilers jeweils formidable Kulturkämpfe gegeben, die an Peinlichkeit nichts zu wünschen übrig lassen. Entwürfe, Dramaturgie und Prozeßkunde zu den Weiler-Fresken für das Theresien-Kirchlein auf der Innsbrucker Hungerburg sind Gegenstand einer beachtenswerten Ausstellung in der Innsbrucker Taxisgalerie. Der hiezu verfaßte Dokumentarband gibt dem Leser alles, was er zur Aufklärung dieses Kulturfalles sucht. Neben einer Einführung in die Geschichte des Kirchleins, den Unterlagen zur Ausschreibung der Fresken und den Abbildungen der Entwürfe, beeindruckt eine kurze Darstellung des malerischen Programms Weilers, sein Lebens-Kurs durch die Nazizeit und die nachfolgende Restauration. Aufschlußreich ist die Geschichte des Herzens Jesu und ihre Verankerung in der offiziellen Theologie. Traurige Höhepunkte der Dokumentation sind zwei Fotos, auf einem verhängt Max Weiler sein soeben geschaffenes Werk und sein Gesicht sagt alles, auf einem anderen Foto sieht man den Künstler vor Gericht. Ein Ebbser Landarbeiter hat ihn wegen Verhöhnung des Bauernstandes angezeigt. Diesem Landarbeiter sollte man vielleicht heute noch poshum eine Gurke auf den Friedhof legen, damit er sich im Jenseits leichter tut. Die Bilder lassen sich wie ein Kino-Ereignis durchblättern, neben den fertigen Bildern sind vor allem die Detailstudien interessant, wenn man etwa einzelne Gliedmaßen wie frisch von der Fliege gezupft auf der Leinwand sieht. Dieser Katalog ist vermutlich eines der patriotischesten und aufklärendsten Bücher der letzte Jahre!
Max Weiler: Die Fresken der Theresienkirche in Innsbruck 1945-47. Abbildungen. Fotos. Innsbruck: Haymon 2001. 178 Seiten. 398,- ATS. € 28,80.
ISBN 3-85218-368-5
Max Weiler, 1910-2001, bedeutendster Tiroler Maler.
Helmuth Schönauer 16/06/01