Inseln der Nachhaltigkeit
Dem Traum von den neuen Inseln der Nachhaltigkeit liegt ein Traum zwischen Columbus und Schatzinsel zugrunde. In einem Logbuch werden die Träume angerissen und dann beginnt das Surfen durch die Ideenmeere.
Als Leser muß man wie bei alten Segelturns Geduld haben, denn es wird sehr ausführlich fast mit dem Duktus einer Erzählflaute erzählt. Dem Text liegt auch etwas Referat-haftes zugrunde, Fügungen wie jetzt kommen wir zu diesem oder jenem Punkt, jetzt haben wir dieses und jenes erlebt, verlangen, um es geduldig zu formulieren, vom Leser eine gehörige Portion Staunenslust. Manchmal ist man an die berüchtigte Philosophiegeschichte von Sophies Welt erinnert, wo man sich einfach fragt, ob man nicht doch etwas entmündigt wird von diesem Märchenton.
Weil eben erzählt und erzählt wird, ist das Buch auch kaum gegliedert und suggeriert immer, daß es sich um einen Roman handle. Und dabei ist es letztlich ein Sachbuch mit Literaturangaben, Register und Graphiken.
Viel ist vom Paradigmenwechsel die Rede, von der Aufbruchsstimmung, vom Wertewandel. Dabei ist nicht ganz klar, ob das nun Anlaß für eine Lamentatio oder eine neue Chance sein soll. Hier wäre Ironie wahrscheinlich ein gutes Hilfsmittel, aber die Themen der Nachhaltigkeit, Globalisierung und Regionalisierung werden eher unter dem Aspekt einer Mission denn als Abenteuer aufgefaßt.
Die Lösung für ein neues Weltbild wird dann ziemlich unvermittelt sehr kühl-philosophisch in drei Aspekten formuliert (124):
1. Die Unschärfe unserer Wahrnehmung und daraus folgernd die Durchbrechung des Prinzipe von Ursache und Wirkung
2. Die Unhaltbarkeit des Begriffes der Lokalität und daraus folgernd die Verbundenheit aller Teile des Universums
3. Die Aufhebung des Gegensatzes von Subjekt und Objekt
Die "Inseln der Nachhaltigkeit" sind eine hilfreiche Orientierung, wenn es darum geht, die allgemeine Umorientierung der Werte, der Ökonomie und der Ökologie zu beschreiben und zwischendurch sogar in eigene Begriffe zu fassen.
Daß aber der Leser Mitglied und Insasse dieser labilen Koordinaten ist, kommt manchmal zu kurz. Und die entscheidende Frage, wie soll denn der Leser jetzt reagieren, mit Staunen, Abwählen, Revolte oder Melancholie bleibt natürlich dem Leser selbst überlassen. Aber vielleicht bezweckt das auch der leicht märchenhafte Ton, daß man als Leser sich das Abenteuer von den nachhaltigen Inseln anhört , ohne die einzelnen Rollen für sich selbst zu besetzen. Wahrscheinlich wären auch die Inseln der Nachhaltigkeit zerstört, wenn sie zu real geschildert wären.
Heinz Peter Wallner / Michael Naradoslawsky: Inseln der Nachhaltigkeit. Logbuch für ein neues Weltbild. Mit einer Kurzgeschichte von Dodo Kresse.
St. Pölten: NP 2002. 319 Seiten. EUR 24,90.
ISBN 3-85326-192-2
Heinz Peter Wallner, geb.1965, und Michael Naradoslawsky, geb. 1954, leben in Graz.
Helmuth Schönauer 14/02/02