literarisches Tool 2002-11

Flächendeckender Tierschutz

Also jedes Tier ist wichtig, das wissen wir seit Franz von Assissi, dem angeblich die Arme zu kurz geworden sind, so viele Vögel wollten auf ihm nisten und ihn bezwitschern.

Von diesem schönen Bild angetan hat ein neuer Parteiobmann einer Partei, die einen Tierarzt für soziale Angelegenheiten installiert hat, die Arme ausgebreitet und eine einmalig klare Forderung aufgestellt: Wenn seine Partei Blabla in die Regierung kommt, dann muß der Tierschutz Bundessache werden!

Nun ist diese Partei gerade in der Regierung, obwohl sie diese gesprengt hat. Und unter dieser Regierung ist etwa die Bildungssache vom Bund abgestoßen worden in die Länder. Daß sie dort lieblos untergebracht und kleinkariert verländert wird, ist Ehrensache.

Als Mensch mit einem kleinen Seitenblick auf Bildung muß man sich also überlegen, ob man nicht ein Tier werden sollte, damit die Bildungs-Angelegenheit wieder vom Bund wahrgenommen wird.

Am Beispiel Öffentliches Bibliothekswesen läßt sich die Verländerung ja besonders gut ablesen. Was beim Tierschutz bekrittelt wird, nämlich daß die Hühner in Salzburg länger mit dem Zug fahren dürfen als die Schweine in Vorarlberg, wird nun auch tragendes Element in den Bibliotheken: das Minimundus der Fiktion, bis hin zum geistigen Regalbrett mit regionaler Brettljause.

Die Länder sind ja dazu da, an Ort und Stelle unter Berücksichtigung der lokalen Gegebenheiten zu fördern, aber eben mit dem Meterband des Landes. Und der Bund ist dazu da, die Anliegen national zu fördern und in der EU zu positionieren.

Mit Recht wird beklagt, daß der Tierschutz so lange keine Chance in der EU haben wird, so lange er in den Laufställen der Länder verhandelt wird. Aber eine Verländerung des Öffentlichen Bibliothekswesens bedeutet eben parallel gedacht, daß die Kleintierhaltung nun in den Bibliotheken Einzug finden wird.

Helmuth Schönauer 27/10/02