literarisches Tool 2002-03

Zufriedene Sprach-Kunden

Die Sprache kann alles und darf alles, dadurch unterscheidet sie sich ja wohltuend von der Politik, obwohl dort manchmal auch etwas wie eine Sprache verwendet wird, allerdings im Sinne einer Dekonstruktion oder Verstumpfung von Sinn.

Wie in allen Themenbereichen gibt es auch für das Benützen der Sprache zwei Schulrichtungen. Die eine sagt, daß der Mensch alles erforschen und seine Grenzen möglichst überschreiten muß, und die andere schwärmt von moralisch definierten Einschränkungen, einer moralischen Wildbachverbauung, wenn man so will.

Dieser Tage schaltet und waltet der amerikanische Lockheed-Martin-Konzern in österreichischen Tageszeitungen mit schönen Sprachspielen. Unter dem Titel "Zufriedene Kunden schwärmen von F-16" werden Inserate geschaltet, die die Bevölkerung weich machen sollen für den Kauf der amerikanischen Abfangjäger.

Semantisch argumentiert kann dieser Werbe-Slogan nur bedeuten, daß man frisch bombardierte Leute gefragt hat, wie sie mit dem Bombardement zufrieden waren. Und diese haben in einer repräsentativen Umfrage dann gesagt, toll wars, eine Supersache diese F-16.

Vermutlich wird man in Bosnien, im Kosovo und in Afghanistan frische Befragungen durchgeführt haben, an Überlebenden wahrscheinlich oder auch an den Toten, bei einer guten Werbekampagne gibt es ja keinen Unterschied zwischen Leben und Tod. So mit halb zerfetztem Body ohne Gliedmaßen werden die F-16-Kunden gesagt haben, es tut ein bißchen weh jetzt, weil mir der linke Arm und das linke Bein fehlen, aber ich bin stolz, von einem so guten Flugzeug getroffen worden zu sein, echt spitzenmäßig, diese F-16!

Soweit die semantische Analyse, man sieht, die Sprache muß das dürfen, ein guter Werbeslogan muß einfach in die Glieder fahren und sei es, daß er sie dabei ausreißt.

Eher lächerlich ist dagegen die moralische Komponente. Etwa daß die Regierung unter einem sogenannten christlichen Bundeskanzler Flugzeuge haben will, die ihre Kunden dermaßen zufrieden bomben, daß diese auch noch ins Schwärmen geraten. Die formulierte Moral ist fast immer lächerlich, weil sie mit dem Inhalt nie zusammenstimmt. Denn christlich hieße ja dann: zufrieden niederbomben! Oder aber die Regierung will gar nicht christlich sein und tut nur in manchen Floskeln so.

Man sieht schon, die Sprache als Tool tut besser daran, an die Grenze der Vorstellung zu gehen als sich moralisch kastrieren zu lassen.

Helmuth Schönauer 03/03/02