Mein Chef ist ein Arschloch

Chefs gibt es, weil es Hierarchien gibt, und Hierarchien gibt es, weil dadurch manches konfliktfreier und aggressionsgehemmter ablaufen kann. Die dadurch frei gewordenen Energien können dann für die Herstellung eines Produktes oder Arbeitszieles verwendet werden.

Leider ist der übliche Chef anders strukturiert als das sogenannte Alpha-Tier im Tierreich, weshalb es durchaus skurrile Ausformungen von Chefs geben kann. Der Stoff, aus dem wir Menschen sind, schlägt sich auch bei Chefs als Gewebe durch, die Angst ist auch bei Chefs weit verbreitet und äußert sich in Distanz, Depression, Zwanghaftigkeit oder Hysterie Dadurch, daß der Chef oben sitzt, sieht man auch mehr von seinen Eigenschaften. Und als Unterläufel tut man gut daran, die Typologie seines Chefs zu kennen.

Natürlich ist jeder Betrieb ein Wellental von Aktion und Depression, jede Firma hat ihre eigene Methode, das Frustrationsfaß auszuleeren und sei es nur durch einen Betriebsausflug zu einem Biobauern.

Die letztlich entscheidende Frage für Untergebene lautet: Wollen Sie Hammer oder Amboss sein?

"Wer seinen Chef für ein Arschloch hält, muß dreierlei wissen bzw. tun:

- Erstens klären, ob er nicht zum Fehlverhalten des Chefs - wissentlich oder auch unwissentlich - beiträgt.

- Zweitens, wenn die eigene Unschuld aufgrund ehrlicher Selbst- und Fremdbefragung erwiesen scheint, durch Aktivitäten dafür sorgen, daß der Chef sein Verhalten ändert. Drittens muß jeder schließlich sicher sein, daß er nicht selbst ein Arschloch ist." (S.68)

Wer aktiv wird, wundert sich leicht, warum niemand sonst gegen den Chef rebelliert. Die Hauptgründe für Stillschweigen und Mundhalten sind: Gemeinsame Leichen im Keller, frühere Verdienste, zu hohe Abfindungskosten, Beziehungen oder überhaupt die Trägheit der Organisation. Eine Lösung wäre eine gute Kommunikation, die nämlich als Kontrollinstrument für beide Seiten offen ist.

Margit Schönberger verweist am Ende des Buches noch auf die beiden großen Schriftsteller der Untergebenenkultur Franz Kafka (Das Schloß) und Robert Walser (Der Gehülfe), ehe sie mit leichter Ironie die Zehn Gebote zum Überleben des Psychostresses in einer Firma ausgibt.

1. Du sollst nicht glauben.

2. Du sollst nicht hoffen.

3. Du sollst deinen Chef nicht lieben.

4. Du sollst Offenheit praktizieren.

5. Du sollst mutig sein.

6. Du sollst interessiert und neugierig sein.

7. Du sollst Zusammenhänge erkennen.

8. Du sollst leidenschaftlich sein.

9. Du sollst Geduld üben.

10. Mensch, ärgere dich nicht.

Die größte Hilfe, die das Buch bei der Bewältigung von Chefproblemen anbietet, ist sicher sein Titel. Das Buch sichtbar in der Hand gehalten kommt man keine paar Schritte weit, und es entspinnt sich sofort die kompetenteste Diskussion über Arschlöcher und andere Chefs. Dieses Buch hat eine große Reinigungskraft und putzt allen ordentlich den Frust aus der Seele.

Margit Schönberger: Mein Chef ist ein Arschloch, Ihrer auch? Ein Überlebenstraining.

München: Mosaik 2001. 159 Seiten. 12,80 EUR.

ISBN 3-567-11547-1

Margit Schönberger leitet die Abteilung Presse- und Öffentlichkeitsarbeit in einer bekannten deutschsprachigen Verlagsgruppe.

Helmuth Schönauer 05/03/02