Zuflucht im Wortgehäuse 1941-1943
In den letzten Kriegstagen wird der Schriftsteller und Widerstandskämpfer Friedrich Punt in Innsbruck zum Tode verurteilt, ein SS-Mann holt ihn wie im Film aus dem Lager Reichenau, doch statt zur erwarteten Exekution geht es ins Gebirge, wo die letzten Kriegstage abgewartet werden. Die Gedichte des Widerstandes konnten nun in einer großen Rettungsaktion von Verlag, Brenner-Archiv und Angehörigen als Dokument des Widerstandes publiziert werden. Wissend um die Gefährlichkeit solcher Gedichte, wird man als Leser entsprechend historisch sensibilisiert an sie herangehen. Die gut neunzig Gedichte beschäftigen sich mit dem Propagandamaterial der Nazis, mit Krieg und Soldatentum, Widerstand und Tarnung. Über den reinen Transport der sogenannte Widerstands-Gesinnung hinaus versucht der Autor, die Gedichte an die Standards der Lyrik heranzubiegen, trotz aller Ethik geht es auch um eine Widerstands-Ästhetik, das heißt, Ausklinken aus der offiziellen Dichtungs-Pflege und Anknüpfen an jene Literatur, die von den Nazis nicht zerstört oder vertrieben worden ist. Diesen Kontext sollte man sich beim Lesen immer hinzu denken, da die einzelnen Gedichte oft sehr "idealistisch" gehalten sind und auf die Folie der damals offiziellen Sprache replizieren. Das "irrste" und überzeugendste Gedicht ist sicher jenes vom wahnsinnig gewordenen Heimurlauber, der nicht mehr an die Front zurückkehrt, weil er daheim den kaputten Regenbogen reparieren muß. "Ich schick euch meinen Urlaubsschein, / ich bin daheim und bleib daheim / und sitz auf einem Regenbogen; man hat mir ein Gewitter geschickt, / nun ist er zerlöchert und stark verbogen / und wird von mir geflickt [...]" (93) Die Zuflucht im Wortgehäuse ist ein beeindruckendes Dokument für den Widerstand in einer menschen-unmöglichen Zeit. Im Widerstand und in der Literatur ist nichts vergebens, denn ihre Mitglieder sind eine Gemeinschaft jenseits von Zeit und politischem System. Das ist die schöne Botschaft von Friedrich Punt!
Friedrich Punt: Zuflucht im Wortgehäuse 1941-1943. Gedichte. Herausgegeben von Christine Riccabona und Anton Unterkircher. Innsbruck: Skarabäus 2001. 169 Seiten. 248,- ATS. € 18,00. ISBN 3-7066-2264-5
Friedrich Punt, 1888-1969, Rechtsanwalt und Lyriker in Innsbruck.
Helmuth Schönauer 07/12/01