Und käme schwarzer Sturm gerauscht

Die berühmte "edition blattwerk" in Linz ist leider eingestellt worden, ihr Herausgeber Christian Steinbacher betreut jetzt die "edition linz" in der "Bibliothek der Provinz". - Und wie! Zum schmalen Werk Florian Neuners hat er ein Nachwort mit Quellennachweisen und Theorien verfaßt, das üblicherweise für eine Habilitation gut sein müßte. Der Leser erfährt somit eine Menge über die Verfahren der Montage im sexuell-musikalischen Raum, über die Verschmelzung von Gefühl und Reise und über die Auflösung der Begriffe im beschallten Raum. Florian Neuner montiert nämlich die Erlebnisse eines Homosexuellen als Strichtester, seine Reisen und Aufbrüche mit dem Liedgut der Romantik. Texte, die üblicherweise stehend neben dem Klavier ins Publikum gesungen werden, treten nun am Pissoir in Erscheinung, wo die eine oder andere Erektion ein sauberes Geschäft verhindert. Das Wandern wird zur Unlust eines Bahn-Passagieres, eine Unruhe zwingt den Helden dazu, ständig neue Tickets zu kaufen, um kurz in eine neue Stadt zu trampen, besonders der Norden lockt in Foldern mit Sonderangeboten. Vier Hommagen an Dietrich Fischer-Dieskau, dem prominentesten Interpreten romantischen Liedguts, bringen die Erregung und die Ruhelosigkeit schließlich auf den Punkt: Die romantischen Bgriffe selbst sind so erregt, daß sie für eine normale Sprachverwendung nicht mehr geeignet sind und als Liedgut abgelegt werden müssen. "Auf die Gefahr hin / Ja, Sänger, daß ich weinen muß / Es steigert sich / Eine gewisse Intensität / In jedem Moment / Etwas Verrätseltes / Bei aller Entschiedenheit / Durchlitten / was bedeuten diese Akzente? / [...]" heißt es etwa in der ersten Hommage. Ein erregendes Buch in jeder Hinsicht!

Florian Neuner: Und käme schwarzer Sturm gerauscht. Prosa, Hommagen. Weitra: Bibliothek der Privinz 2001. (= edition linz). 76 Seiten. 150,- ATS. € 10,90. ISBN 3-85252-390-7

Florian Neuner, geb. 1972 in Wels, lebt in Berlin.

Helmuth Schönauer 15/07/01