Heute könnte ein glücklicher Tag sein

"Heute könnte ein glücklicher Tag sein", steht auf einem Schild, das neben dem Ausgang eines Lokals hängt, in dem es nichts zu tun gibt, als nach allerhand Getränken eben diesen Ausgang zu benützen. In Xaver Bayers Roman mit dem Titel dieses Schildchens erzählt ein Ich-Erzähler, daß absolut nichts los ist. Spätsommer/Herbst, Winter, Frühling, Sommer heißen die Kapitel, es geht zu wie in einem schlechten Schöpfungsbericht, es ward Frühling, es ward Sommer und nichts geschah. Die Jahreszeiten verändern sich, einmal ist die Straße glatt, dann wieder heiß, die Lokale verwittern vor sich hin, mal sind sie voll, dann wieder leer. Voll und leer ist natürlich auch der Ich-Erzähler, meist voll im Rausch stehend und leer im Kopf. Während der erzählten Zeit macht er das Germanistikstudium fertig, eine Hirnwixerei ersten Grades, die nur dazu dient, mit sauber aus dem Leben sezierten Zitaten sauber aus dem Leben sezierte Beobachtungen zu belegen. Für den Leser der Gegenwart ist der Roman zudem eine fast idealer Konsumführer durch die Welt der Discs, Getränke und Gräser. "Tolles Gras, was ist das?" - "Deep Purple!" - "Deep Purple, tolles Gras!" Natürlich dürfen auch die Wallfahrtsorte des Grases nicht fehlen, gleich zu Beginn des Romans geht es auf nach München, wo ordentlich gewuzzelt wird. Und das Angebot nach der Germanistik-Prüfung, als es gewöhnlicher Sex wirklich nicht mehr tut, ist ein Flug nach Amsterdam mit Nächtigung, damit endlich das Konto fertig ist. Nach Moral sollte man in einer Welt des Konsumrausches wirklich nicht fragen, das ist ja auch das Schöne an diesem Roman, daß er allen Moralisten, Ästhetikern und vielleicht auch Germanisten den nackten Arsch zeigt. Spätere Lesegenerationen werden diesen Roman auch deshalb lieben, weil sie in ein paar Lesestunden erfahren können, was in unserer Gegenwart alles in ein paar Stunden konsumiert wird, damit die Zeit halbwegs tot ist.

Xaver Bayer: Heute könnte ein glücklicher Tag sein. Roman.

Salzburg: Jung und Jung 2001. 187 Seiten. 285,- ATS. € 20,71.

ISBN 3-902144-12-2

Xaver Bayer, geb. 1977, lebt in Wien.

Helmuth Schönauer 03/08/01